Within HumaniVR and in its neighbourhood, several young scholars are currently developing and executing highly innovative and interesting research projects using VR apps and hardware. This blog has had the opportunity to interview some of them about their aims and goals, and their personal take on the impacts of VR. Today: Sina Haselmann, member of the Cu2RVE project and doctoral student at the University of Hildesheim.
HumaniVR: Hallo Sina, vielen Dank, dass du uns für dieses Interview zur Verfügung stehst. Du arbeitest an einem zukunftsweisenden Forschungsprojekt. Wie genau ist der Titel?
Sina Haselmann: Aktuell trägt es den Titel „Die Vermittlung des Dimensionsbegriffs mittels immersiver virtueller Realität (IVR) am Übergang zur Sekundarstufe I“. Da ich aber aktuell noch in der Konzeptionsphase bin, übernehme ich keine Garantie für die Dauerhaftigkeit des Titels! Ich habe neulich ein Poster dazu auf der Tagung der Gesellschaft für Mathematikdidaktik präsentiert und auf Researchgate hochgeladen.
HumaniVR: Kannst du deine Forschungsziele in einigen Sätzen beschreiben?
Sina: Es geht in dem Projekt darum, VR als neues Lernmedium in der Mathematikdidaktik einzusetzen. Konkret werde ich ein VR-Lernspiel entwickeln, mit dem der Dimensionsbegriff an Schüler:innen zum Ende der Grundschule oder zu Beginn der weiterführenden Schule vermittelt werden kann. Obwohl die Kinder in der Grundschule nämlich viel über zweidimensionale Flächen und dreidimensionale Körper lernen, wird der Begriff der Dimension in der Regel nicht behandelt. Dabei spielt dieser nicht nur für die Mathematik in höheren Klassen, sondern auch für unsere Lebenswelt eine große Rolle: Wenn wir zeichnen, stellen wir in der Regel ein dreidimensionales Objekt in einer zweidimensionalen Ebene dar. Bei der Navigation mit Stadtplänen übertragen wir eine zweidimensionale Darstellung wieder in die dreidimensionale Welt. Auch in der Science Fiction wird man zum Beispiel mit dem Phänomen des Hyperraums konfrontiert, der von den Protagonist:innen für interstellare Reisen jenseits der uns bekannten drei Raumdimensionen genutzt wird. Uns erscheinen solche Ideen geradezu mystisch, da unser Gehirn vier oder mehr Dimensionen nicht visualisieren kann. Die Mathematik kann hier helfen, theoriegeleitete Vorstellungen zu schaffen. Und das von mir entwickelte Lernspiel – hoffentlich – diese kindgerecht zu vermitteln.
HumaniVR: Was ist dein Erkenntnisinteresse?
Sina: Zum einen soll das Lernspiel natürlich den Kindern näherbringen, wie man sich eine zweite, dritte und vielleicht sogar vierte Dimension vorstellen kann. Ob und wie dies wirksam gelingen kann, möchte ich im Projekt erforschen. Dabei interessiert mich auch die Frage, unter welchen Rahmenbedingungen das Lernspiel eingesetzt werden kann. Als Szenario könnte ich mir hier einen außerschulischen Lernort vorstellen, etwa ein Science Center in der Region.
HumaniVR: Was ist deine persönliche Motivation für dieses Projekt gewesen?
Sina: Schon in meinem Studium der Mensch-Computer-Interaktion an der Universität Hamburg habe ich die Faszination des Mediums VR kennen gelernt. Ich finde aber generell bei neuen Technologien wichtig zu hinterfragen, wo der Nutzen für die Menschen liegt – jenseits vom aktuellen Hype. Seit April 2020 arbeite ich an der Uni Hildesheim im Projekt Cu2RVE am Design multimedialer digitaler Lernmodule. Dabei ist bei mir auch der Wunsch gewachsen, den sinnvollen Einsatz von VR als Lernmedium zu erforschen, zumal in diesem Bereich gerade unglaublich viel passiert.
HumaniVR: Welche Rolle spielen bei deiner Forschung die Eigenheiten/Charakteristika der VR (in Abgrenzung zu anderen möglichen Medien oder Technologien)?
Sina: VR ermöglicht es wie kein anderes Medium physikalisch unmögliche Umgebungen zu schaffen und diese enaktiv, also handelnd, erfahrbar zu machen. Der Körper der Nutzer:innen kann für die Interaktion mit virtuellen Objekten genutzt werden, und zwar im dreidimensionalen Raum anstatt nur auf einem zweidimensionalen Bildschirm. Dies erlaubt ganz neue Möglichkeiten des Lernens, kann aber auch leicht vom eigentlichen Lerngegenstand ablenken. Ich hoffe, hier auch zur Entwicklung neuer Designprinzipien beitragen zu können.
HumaniVR: Herzlichen Dank für deine Antworten und weiterhin viel Erfolg!